Lehrer*innensprache
Kapitelübersicht
Definition
Relevanz für die Zielgruppe
Wissenschaftliche Grundlagen
Prinzipien und Maßnahmen
Literatur und Links
Praxisbeispiele
Definition
Unter dem Begriff Lehrer*innensprache werden die verbalen und nonverbalen Instrumente verstanden, die von der Lehrkraft im Unterricht eingesetzt werden. Die Lehrer*innensprache setzt sich grundsätzlich von der gewöhnlichen Alltagssprache ab.
Sie wird im Unterricht in vielfältigen Situationen eingesetzt:
- beim Erklären eines Sachverhalts
- beim Vorlesen eines Textes oder einer Geschichte
- bei der sprachlichen Begleitung eines Unterrichtsgesprächs
- beim Erteilen eines Arbeitsauftrags
- beim Erzählen einer Geschichte
- bei der Zusammenfassung von (Teil-)Ergebnissen
- bei der sprachlichen Gestaltung von Phasenübergängen
- beim Feedback geben
- ...
Relevanz für die Zielgruppe
Lehrer*innensprache ist zugleich Medium für Unterrichtsinhalte als auch eine Möglichkeit, Unterrichtsinhalte an die sprachlichen Fähigkeiten der Schüler*innen anzupassen (Reber & Schönauer-Schneider 2014). Die Heterogenität der Zielgruppe, vor allem hinsichtlich ihrer kommunikativen Voraussetzungen, erfordert einen flexiblen und gleichzeitig reflektierten Einsatz der Lehrer*innensprache. Die zentrale Aufgabe der Lehrer*innensprache im Unterricht mit Schüler*innen im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation ist es folglich neben der Vermittlung der Inhalte, eine möglichst barrierefreie Unterrichtskommunikation zu gewährleisten. Eine gute Lehrer*innensprache ist sowohl bei einem Unterricht in Deutscher Lautsprache als auch in Deutscher Gebärdensprache bedeutsam, sie umfasst auch den reflektierten Einsatz unterschiedlicher Kommunikationssysteme und Unterstützungsformen (Lautsprache, DGS, LUG, LBG). Gleichzeitig ist die Lehrer*innensprache im Unterricht ein Sprachmodell für die Schüler*innen und hat Vorbildcharakter.
Wissenschaftliche Grundlagen
Bezugnehmend auf tiefenstrukturelle Merkmale erfolgreichen Lehrens und Lernens führt Hattie (Hattie 2015) für die Klarheit und Verständlichkeit der Lehrer*innensprache eine Effektstärke von 0.75 auf (erwünschter Effekt), das heißt, dass bei einer klaren und verständlichen Lehrer*innensprache Lerninhalte besser verstanden und verarbeitet werden können.
Prinzipien und Maßnahmen
Nach Stecher & Rauner 2019 lassen sich im Bereich Lehrer*innensprache folgende vier Teilbereiche unterscheiden:
Sprache:
Die Reduktion der Äußerungskomplexität, die gezielte Wiederholung wichtiger Wörter, Satzteile oder Sätze sowie der Einsatz spezifischen Lobs sind wichtige Qualitäten der Lehrer*innensprache.
Auch der gezielte Einsatz von Modellierungstechniken ist dem Bereich Sprache zuzuordnen.
Sprechen/Gebärden:
Die Sprechweise der Lehrperson sollte folgende Qualitäten aufweisen:
- Gezielte Akzentuierung: die Wichtigkeit bestimmter Wörter, Satzteile und Sätze wird besonders hervorgehoben
- Klarheit und Deutlichkeit
- Variationsreichtum: laut/leise, hoch/tief, langsam/schnell, betont/unbetont
- Gezielter Einsatz von Pausen: Zeit zum Nachdenken geben, Phrasengrenzen markieren und dadurch wichtige Wörter und Zielstrukturen markieren
Nonverbales:
Die nonverbalen Anteile der Lehrer*innensprache sollten folgende Qualitäten aufweisen:
- Halten von Blickkontakt (Herstellen eines persönlichen Bezugs zu den Schüler*innen, Sicherung der Aufmerksamkeit, Signalisierung aktiven Zuhörens)
- Unterstützender Einsatz von Mimik und Gestik
Anschaulichkeit:
Der Einsatz von Visualisierung (Unterstützung der Sprache durch Bilder, Schrift, LUG, …) und handlungsbegleitendem Sprechen trägt wesentlich zur Anschaulichkeit der Lehrer*innensprache bei.
In der folgenden Übersicht finden Sie Maßnahmen, die zu einer guten Lehrer*innensprache beitragen können:
Literatur und Links
Hattie, J (2015) Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von “Visible learning”, besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer (3. Aufl.). Schneider Hohengehren, Baltmannsweiler
Kaul T & Leonhardt A (2016) Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation. In: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2016): Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis. MSW
Reber K & Schönauer-Schneider W (2014) Bausteine sprachheilpädagogischen Unterrichts. Ernst Reinhardt, München
Schönauer-Schneider W (2014) Bausteine zur Lehrer*innensprache. Praktische Umsetzungsmöglichkeiten. In: Praxis Sprache 2/2014, S.119 – 122
Schönauer-Schneider W, Schweiz B (2006) Sprache lernt man nur durch Sprechen (DVD). Bausteine zur Sprachförderung im Unterricht. LMU München, Unterrichtsmitschau und didaktische Forschung, München
Spreer M (2014) Versprachlichen und handlungsbegleitendes Sprechen im Unterricht. In: Praxis Sprache 1/2014, S.38 – 41
Stecher M & Rauner R (2019) Unterrichtsqualität im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation. Median, Heidelberg
Truckenbrodt T & Leonhardt A (2016) Schüler mit Hörschädigung im inklusiven Unterricht. Praxistipps für Lehrkräfte. 2. Auflage. Ernst Reinhardt, München
Praxisbeispiele
Möglichkeiten für Modellierungstechniken:
Beispiele zur Umsetzung von Modellierungstechniken können Sie dem folgenden Video entnehmen.
Praktische Tipps finden Sie auch in dem Buch: Sprachunterstützende Begleitung in Kindergarten und Grundschule von Christiane Wiedemann-Mayer und Jana Jakob (2015), erschienen im Verlag modernes Lernen - eine Leseprobe finden Sie → hier.
Möglichkeiten, das Verständnis Ihrer Schüler*innen zu überprüfen:
Schüler*innenecho (Möglichkeit 1):
Lassen Sie Ihre Schüler*innen wichtige Aussagen wiederholen bzw. zusammenfassen.
Auf diese Weise fördern Sie auch das Zuhören Ihrer Schüler*innen.
Schüler*innenecho (Möglichkeit 2):
Wählen Sie ein konkretes Zeichen bzw. ein Ritual, welches die Schüler*innen zum genauen Zuhören herausfordert. Im Anschluss könnte ein zufällig zugeworfener Ball oder ein Würfel ein entsprechendes Signal für die ausgewählten Schüler*innen sein,
wer die Aussage wiederholt bzw. zusammenfasst.
(Unterrichtsbeispiel Simon Jäger 2021)
Möglichkeiten der sprachlichen Aktivierung Ihrer Schüler*innen:
Beachten Sie das x+3-Prinzip:
Setzen Sie ggf. Impulse, die das Gespräch zwischen den Schüler*innen aufrecht erhält,
bevor Sie sich selbst wieder inhaltlich einbringen.
Weitere Ideen finden Sie auch bei den Praxisbeispielen zur Kommunikationsförderung und Sprachentwicklung
(v.a. Möglichkeiten zum dialogischen Austausch).