Kognitive Entwicklung

Unter Kognition werden mentale Prozesse, die häufig allgemein mit dem Oberbegriff "Denken" bezeichnet werden. Zu den kognitiven Fähigkeiten gehören u.a. Lern- und Gedächtnisprozesse, Informationsverarbeitungs- und Problemlösekompetenzen, Handlungsplanung und -steuerung sowie Wissenserwerb und komplexe Denkprozesse (vgl. Lohaus & Vierhaus 2018).

Eng verknüpft mit dem Begriff Kognition ist auch der Begriff der Intelligenz. Obwohl dieser Begriff (von Lateinisch "intellegere" für erkennen, begreifen, verstehen) sehr häufig in alltäglichen wie wissenschaftlichen Kontexten gebraucht wird, gibt es hier keine eindeutige Definition (vgl. Berger 2023). Im Allgemeinen wird mit Intelligenz aber die Fähigkeit beschrieben, die Gesamtheit unterschiedlich ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten einzusetzen.
Kognitive Leistungen setzen Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnisleistungen wie z.B. Erinnerungsvermögen voraus.

In der kognitiven Entwicklung lassen sich typische Grenzsteine ausmachen, die hier näher dargelegt werden (vgl. Berger 2023).

 

Entwicklungstabelle

0 bis 6 Monate

Orales, manuelles und visuelles Erkunden (Exploration)

Das Kind …

  • zeigt Interesse an Personen, Gegenständen, Tönen etc.
  • erkundet Gegenstände (z.B. Spielzeuge) und nimmt sie dafür mit beiden Händen in den Mund.
  • nagt oder lutscht an Objekten.
  • verfolgt aufmerksam sich langsam vor den Augen bewegende Gegenstände. Die Augen bewegen sich paarweise.

 

6 bis 9 Monate

Schemata und einfache Skripte werden wiedererkannt und antizipiert

Das Kind …

  • kennt tägliche Abläufe (Essen, Baden etc.) und zeigt eine Erwartungshaltung.
  • kennt kleine gemeinsame Spiele (Hoppe-Hoppe-Reiter etc.) und beteiligt sich gerne daran.
  • nimmt Objekte (z.B. Spielzeuge) wechselweise in die Hand.
  • „untersucht“ die Qualität von Gegenstände mit seinen Händen (taktiles prüfen). Teilweise nimmt es hierzu auch noch seine Lippen und den Mund in Anspruch.
  • beginnt, Kategorien zu bilden und versteht Zugehörigkeiten)

 

9 bis 12 Monate

Differenzierte Skripts im sprachlichen Kontext

Das Kind …

  • entdeckt Gegenstände wieder, die vor dessen Augen mit einem Tuch bedeckt werden. Das Kind zieht das Tuch wieder weg.
  • ahmt kleine Gesten und Mimik nach (z.B. Backe-backe-Kuchen, aufgeblasene Backen beim Pusten etc.).
  • entdeckt, dass es selbst etwas bewirken kann (z.B. Lichtschalter betätigen, auf eine Hupe drücken etc.).

 

12 bis 18 Monate (1 bis 1,5 Jahre)

Rollenspiele mit sich selbst, Repräsentationen im Bilderbuch werden gezeigt

Das Kind …

  • ahmt Handlungenspielerisch nach (z.B. Füttern, Puppen Schlafen legen etc.) macht Rollenspiele mit sich selbst.
    (Rollenspiele mit sich selbst)
  • zeigt beim Betrachten eines Bilderbuches auf benannte Gegenstände, Tiere, Pflanzen, Personen etc. (z.B. Wo ist …?).

18 bis 24 Monate (1,5 bis 2 Jahre)

Räumliches Bauen (vertikal)

Das Kind …

  • stapelt Bauklötze (mindestens drei).
  • räumt konzentriert und über einen längeren Zeitraum (ca. 10 Minuten) Gegenstände aus einer Kiste o.ä. bzw. räumt diese wieder ein.
  • betrachtet und betastet Gegenstände genau.

 

24 bis 36 Monate (2 bis 3 Jahre)

Malen und kritzeln, um Repräsentationen abzubilden

Das Kind …

  • kritzelt und malt – jedoch größtenteils noch wenig gestalterisch.
  • benennt bzw. kommentiert seine Bilder und kann diese erklären.
  • spielt anhaltend und konzentriert für mindestens 30 Minuten (z.B. mit Puppen, Autos, Bausteinen etc.).

 

36 bis 48 Monate (3 bis 4 Jahre)

Kausalität klären, logisches Erzählen, Kategorisieren

Das Kind …

  • stellt W-Fragen (Wieso?, Warum?, Wo?, Wann?, Wer? etc.).
  • bildet Kategorien zunehmend differenziert aus.
  • erkennt Unterschiede in der Größe gleicher Gegenstände und kann Reihen bilden (z.B. von groß nach klein).
  • Beginnt mit „Als-ob …-Spielen“.
  • entwickelt zunehmend ein Verständnis für die Handlungen und Gefühle anderer (Theory of-Mind).
  • versteht Spielregeln und akzeptiert, das andere Kinder im Spiel an der Reihe sind.

 

48 bis 60 Monate (4 bis 5 Jahren)

Kategorisieren von Oberbegriffen und Farben

Das Kind …

  • erkennt und benennt Farben.
  • kennt Oberbegriffe und kann diese benennen (Tiere, Pflanzen, Fahrzeuge etc.).
  • kann Gegenstände (z.B. Süßigkeiten) gerecht aufteilen.

 

60 bis 72 Monaten (5 bis 6 Jahren)

Dreidimensionales Bauen, differenziertes Malen, geometrische Formen

Das Kind …

  • erkennt und benennt geometrische Formen (z.B. Kreis, Dreieck etc.).
  • spielt konstruktiv mit Bauelementen.
  • kann nach Vorlage bauen.
  • malt Menschen: Kopf und Rumpf oft noch getrennt; Kopf mit Augen, Nase und Mund; Rumpf mit Armen, Händen und Fingern; Beine mit Zehen – oft jedoch noch wenig differenziert und teilweise nur angedeutet).

 

Berger R (2023) Grenzsteine der Entwicklung. Entwicklungsbeobachtung und -einschätzung von Kindern im Alter von 0-6 Jahren. Herder, Freiburg

Lohaus A & Vierhaus M (2018) Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters. Springer, Berlin